Gedichte
 
 
 
Mahnung

Georg Vogel (1904)

 

Wenn der Heimat Tannen rauschen,

von der Schöpfung Hauch bewegt,

Laßt uns ihrer Mahnung lauschen,

Die Gott selbst hineingelegt:

“Was des Landes Sturm verderbe,

Nichts darf diesen Wald entweih’n;

Deutscher Ahnen heilig Erde

Soll der Treue Hochburg sein.”...

 

Was die Ahnen uns erstritten,

Was ihr Mut und Fleiß erhielt,

Sei belebt durch deutsche Hütten,

Sei von deutschem Geist umspielt;

Glück und Frieden ewig akröne

Diese Burg aus Felsenstein;

Deutscher Heimat wack’re Söhne

Sollen darin Hüter sein.

 

Wie, um deutsches Recht zu wahren,

Uns ein Band umschlungen hält,

Wie wir uns seit zwanzig Jahren

In der Heimat Dienst gestellt,

Sich das Banner stolz entfalte,

Daß es braust von Mund zu Mund:

“Treu’ und Einheit stets erhalte

Uns’res deutschen Waldes Bund”.

 

Zit. aus Festschrift zur XX. Hauptversammlung des Deutschen Böhmerwaldbundes in Budweis am 28. August 1904, Budweis 1904, S .9

 

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Deutschböhmerland

Hans Watzlik (1919)

 

[...]

In deine Erde erzverkrallt,

wir wollen wurzelnd bleiben,

von dir soll nimmer die Gewalt

der Menschen uns vertreiben.

 

Und ob uns auch die falsche Welt

mit Lug und schnöden Schlingen,

mit roten Waffen hält umstellt,

den Geist kann keiner zwingen.

 

O deutsche Heimat, schlicht und echt

noch ringst du schwer in Banden;

allein an deinem reinen Recht

bricht die Gewalt zuschanden.

 

Du wächst dich eisern an der Not,

zur Kraft wird dir die Wunde,

und deine Sterne sind nicht tot;

sie harren deiner Stunde.

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 104

 

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Böhmerland

Hans Deißinger (1920)

 

[...]

Gott hat’s gewollt. Ohne Rat, ohne Recht,

dem Haß ein Spiel, der Gewalt ein Knecht,

täglich bespien und ans Kreuz geschlagen:

Doch wir lassen nicht aus und wir werden es tragen!

Was Schmach und Schmerz! Was Tod und Pein!

Unsre Liebe, die Liebe muß größer sein!

O Heimat! Deutsches Böhmerland!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 107

 

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Deutsches Leid in Böhmen

Hilda Hadina-Königsreiter (1923)

 

Es klingt ein Lied vom Leide,

Vom Leide durch den Wind:

Die Heimat ist verloren,

Du heimatloses Kind!

 

Es fällt wie lauter Tränen,

Wie Tränen durch den Schnee -

Das Auge wird mir trübe,

Ich weiß nicht, wo ich geh’.

 

Ich geh’ als wie im Traume,

Im Traume durch die Welt -

Sind alle ihre Freuden

Vergiftet und vergällt.

 

Ich wollt’, ich könnte wandern,

Wohl wandern durch den Wind,

Durch die verlorne Heimat,

Als heimatloses Kind.

 

Zit. aus Emil Hadina and Wilhelm Müller-Rüdersdorf, Großböhmerland. Ein Heimatbuch für Deutschböhmen, Nordmähren und das südöstliche Schlesien, Leipzig 1923, S. 2

 

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Zehn Jahre

Karl Heinz Strobl (1928)

 

Es kann keiner ermessen, der es nicht selber erlebt,

was es heißen will, wenn bei dem Namen Heimat

das Herz in zornigem Schmerz erbebt,

wenn jedes Gedenken an sie ist wie ein Adernausreißen,

und alle Liebe mündet in Fäusteballen und Zähnezusammenbeißen.

Vor zehn Jahren! Ihr Brüder, wißt ihr noch,

wie es war, wie Gottes Donner über uns kam,

und wir verwirrt und mit hängenden Armen zuließen,

daß man uns alles nahm.

Zehn Jahre! Und auf blutig geschundenen Schultern liegt noch immer das Joch.

[...]

Zehn Jahre! Uns scheint’s eine endlose Zeit

und ist kaum ein Windhauch der Ewigkeit.

Und wenn wir der Heimat denken, dann scharrt drüber im Wolkenhimmel

vielleicht schon des Rächers achtfüßiger Eisenschimmel −

und im Wald wächst das Kräutlein Gerechtigkeit.

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 1131f.

 

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Die Heimatlosen

Ilse Ringler-Kellner (1930)

 

Eine Wiege tief drinnen in Mähren stand,

lag ein Kindlein da, nackt und sonnenverbrannt.

Armes Kindlein du, was gibst du nie Ruh?

Schließe deine greinendes Mündlein zu!

 

Als die Mutter ihm wollte bringen sein Hemd,

schienen ihr alle Wege so fremd,

die sich kreuzten und ihr entgegenkamen.

Keiner trug ihrer Sprache Namen.

 

Sprengte ein Ritter suchend durch Korn und Klee,

sein Auge voll Schwermut, sein Herz voll Weh.

Wilder Reiter du, späh scharf in den Wind:

Verirrt und verloren die Deinen sind.

 

Eine Wiege im blühenden Kornfeld stand,

lag ein Kindlein da, nackt und sonnenverbrannt.

Oh wie herzte der Reiter sein Kindlein bloß!

O wie sank er hin vor des Weibes Schoß!

 

Und sie flehten all drei zu der Sterne Chor:

„Mutterland, Mutterland, mach auf das Tor!“

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 132

 

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Sudetenland

Franz Spunda (1933)

Zur Erinnerung an die Blutopfer des 4. März 1919

 

O Heimat, Erde unsrer Jugendtage,

da alles leuchtete in Glanz und Licht,

ihr Berge, Wälder, leis durchraunt von Sage

und Märchen! Mutterlaut, der zu uns spricht

mit süßem Ton in jedem Herzenschlage!

Leid unserer Kindheit, mütterlich Gesicht,

wie bist du gramgebeugt von Schmerzen wild,

verdüstert und verhüllt, du heil’ges Bild!

 

Frei zogen unsre Ahnen ihren Pflug

durch deine Fluren, schafften frei und stark,

frei schwang sich auf zu hohem Geistesflug

ihr Sinn, das Auge treu und ohne Arg

sah stolz um sich und wußte nichts von Trug.

Du letzte Wacht an Deutschlands letzter Mark!

Ein frei Geschlecht, das sich vor Gott allein

nur beugte, frei und friedlich wollte sein.

 

Da plötzlich ward dein stilles Glück zerstört,

durch schändlichen Betrug die Freiheit dir

geraubt. Getäuscht durch Lügen unerhört

hat dich des Feindes Haß in wilder Gier

getreten und mit Letten dich beschwert.

Auf schriest Du wild und rangst die Hände irr:

Da gellten Schüsse, morderten in Scharen

die Treuesten, die je auf Erden waren.

 

O Brüder, unser Blut ist da geschlossen

aus tausend Wunden, hat die Heimat rot

gefärbt und hat besiegelt und beschlossen

das Bündnis zwischen uns und ihrer Not.

Harr aus, o Heimat, leid es unverdrossen

und sei gewiß, dein Leid steigt zu Gott,

dem Richter und dem Rächer, dessen Hand

Verräter straft. Harr aus, Sudetenland!

 

Sei stark im Dulden, fest und treu im Glauben:

Der Henker beugt den starken Willen nicht:

Kein Wüterich kann die die Ehre rauben,

so lang du glaubst an Treue und an Pflicht.

Harr aus, bis einst im Donnerwort den Tauben

der Herr ihr Urteil streng und furchtbar spricht

und Deutschlands Adler seine Flügel weit

aus dehnt zu neuer Macht und Herrlichkeit.

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 144f.

 

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Heimat

Josef Schneider (1936)

 

Meine Heimat hat nur fremde Acker,

Steine liegen um mein Vaterhaus.

Meine Hände langen leer und suchend

in das Wehn der Sommerluft hinaus.

 

Meine Heimat hat nur fremde Wälder,

doch ihr Grün verschwendet sich an mich,

und die Wipfel rauschen meinen Träumen,

und ihr Lied klingt leise, heimatlich.

 

Land schon wandre ich durch weite Lande,

nirgends baue ich ein dauernd Zelt.

Doch ich grüß‘ euch, Täler meiner Jugend,

erste Heimat auf der schönen Welt!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 267

 

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Denk’s Deutscher!

Wilhelm Pleyer (1932)

 

Denk’s Deutscher im sicheren Hause,

wer dir das Haus erhält!

Weil Brüder stehn im Gebrause

am Rande der deutschen Welt.

 

Was hülfen uns Hölderlins Oden,

was hieße uns Zeppelins Fahrt!

behielten wir nicht den Boden,

bewahrten wir nicht die Art!

 

Ihr pflanzet wider die Dünen,

ihr stauet wieder die Flut;

wir halten im Grauen und Grünen

auf Acker und Pflaster die Hut.

 

Wir Deutsche im Osten

übten schon zeitig ‚Wacht am Rhein‘;

wenn wir nicht die Heimat so liebten,

wie wäre Deutschland klein!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 139

 

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Deutschland ist größer!

Wilhelm Pleyer (1932)

 

Nennt nicht Deutschland, euren Staat von heute;

Deutschland ist mehr, ist alles deutsche Land;

es ist nicht alles deutsche Land auch Reich.

Des Torsos aus dem Jahre Einundsiebzig

kläglichen Torso aus dem Jahre Neunzehn

könnt ihr nicht Deutschland heißen, nein!

Nennt „Deutsche Reich“ ihn und empfindet Scham

darüber, wie so klein es ist, das Reich der Deutschen,

wie wenig „Deutschland“ noch in seinem Wesen,

wie sehr noch Kolonie des Kapitals,

wie wenig Zeichen uns des ewigen Bundes,

wie wenig Heimat unsren Seelen noch uns dreißig Millionen Deutscher außer den engen Grenzen eures Deutschen Reichs!

 

So lang nennt Deutschland nicht dies Deutsche Reich,

solang der Unterschied von Staat und Volk

nicht schon im Herzen eurer Kinder brennt

schmerzhaft und groß; so lang ihr noch nicht wißt,

wo überall man „Heimat“ sagt und „Volk“

und Bismarck denkt und Schiller und Eichendorff,

Andreas Hofer, Friedrich der Große,

und über Luther hin der Freiheit Ahnen

und Kaiser als im Sagenglanz des Reichs...,

solang ihr noch nicht wißt, wie groß es ist,

Deutschland, nennt Deutschland nicht dies Deutsche Reich!

 

Singt ihr das Deutschlandlied, dann sei’s Erkenntnis,

singt ihr das Deutschlandlied, dann sei es Sehnsucht,

Sehnsucht nach der Erfüllung Deutschen Reichs;

doch heut nennt Deutschland nicht den einen Staat,

Staat unter vielen Staaten; denn ihr sollt

das heilige nicht eitel nennen, Deutsche!

Deutschland ist größer!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 137f.

 

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Wir sind die Front

WilhelmPleyer (1936)

 

Wir sind die Front aller Deutschen im Land,

und es führt uns ein neues Geschlecht!

Wir sind die Front aller Deutschen im Land

und uns gilt die Gesinnung und nicht das Gewand

und uns gilt vor Gewalten das Recht.

Ob Werkmann, Schreiber, Bauer,

ob Grün, Schwarz, Rot −

Sudetendeutsche, in die Front,

in die Front der gemeinsamen Not!

 

Wir stehen so nahe bei Acker und Wald

viel Gemäuer und Schlot neben Schlot!

Wir wollen uns halten an Acker und Wald,

denn es rosten die Kolben, die Kessel sind kalt,

doch die Scholle, die trägt uns das Brot.

 

Du heil’ge Heimat,

wir halten fest!

Sudetendeutsche, in die Front,

in die Front, die die Heimat nicht läßt!

 

Uns dräun im Wege viel heftige Feind‘

Voller Haß, voller Gift, voller Lug!

Und ob uns dräuen viel heftige Feind‘ −

wir schlagen sie alle, sobald wir vereint,

wenn wir einig, dann sind wir genug!

 

Und mit uns kämpft Sankt Michael,

schlägt den, der lügt!

Sudetendeutsche, in die Front, in die Front aller Wahrheit, die siegt!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 279

 

 

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Schmiede der Zeit

Dolf Peschanel (1937)

 

Wir lachen selten, denn wir müssen dienen,

Wir wuchsen mit dem hohen Ziel groß:

Und ist ein neuer Gott erschienen

Und opfernd liegen unsere Herzen bloß.

 

Nur unsere Augen zeigen stolzen Schein,

Sonst ist die Freude in uns still.

Wir gehen gläubig tief in uns hinein

Und schaffen, weil es Volk und Heimat will.

So schwingen wir voll Zuversicht den Hammer,

Die Herzen und die Hände stets bereit,

Und schlagen Stück um Stück aus dem Jammer

Und glühen selbst im Gang der neuen Zeit.

 

Zit. aus Sudetendeutsches Jahrbuch 1937, S. 139

 

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Die Verbannten

Gertrud Fussenegger (1938)

 

Gehen wir ferne von dir,

Heimat, in deinem Schoß bleibt unser Schicksal bewahrt.

Deinen Namen verschweigen wir,

höherem Augenblick bleibe er aufgespart.

 

Für Deutschland halten wir die Wacht −

hier, die Herzen verbergend unter Fahne und Schwert

[...]

Gehen wir ferne von dir,

Heimat, in deinem Schoß bleibt unser Schicksal bewahrt.

Deinen Namen, ihn hüten wir,

hohe Verheißung, die uns gegeben ward.

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 204f.

 

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Sudetendeutsches Freikorps

Rudolf Witzany (1938)

Geschrieben eine Woche vor der Befreiung

 

Die Heimat brennt; wir haben uns gewehrt

und trugen schweigend unsre strenge Pflicht.

Nun hat die rote Not das Land versehrt:

Wir standen auf und wuchsen ins Gericht.

 

Da ist der Tag in hellem Sturm entbrannt,

daß unser Ich sich groß in Wir verlor.

Der Herzen Ring umgürtete das Land,

wir hielten blutend unserer Heimat Tor.

 

Dann kam ein Tag, viel härter als der Streit;

wir stiegen durch den schroffen Wald bergan.

Die letzten Kugeln gaben das Geleit.

Da fing der Glaube neu zu leben an.

 

Nun fliegt der Glaube wieder heimwärts

und wird zu neuen Wollens starkem Keim,

wir alle ließen drüben unser Herz −

wir kommen heim!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 323

 

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Mannschaft der Zeit

Rudolf Witzany (1938)

 

[...]

Leid! Hartes Leid

webt um die Heimat ein fahlgraues Kleid.

Dunkelt die Augen um löscht alle Lichter, reißt rauhe Runen in müde Gesichter.

Und hält sein zwingendes

Schwert, groß und schwer,

über ein ringendes Heer.

 

Hoffendes Heer:

Wille und Gaube sind Schuld ihm und Wehr.

So stehn wir selber in brausenden Stürmen,

hungernde Heimat im Opfer zu schirmen.

Wir sind der streitende

Wille im Leid:

Zukunftsbereitende

Mannschaft der Zeit!

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 281f.

 

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Nahe Heimkehr

Bruno Brendel (1938)

 

Nur einer, der die Fremde trug,

weiß, was es heißt: Wir kehren heim...

 

Nur einer, den das Schicksal schlug,

daß ihm der Mut zum Leben fast zerbrach,

weil jede Stunde ihm das Herz zerstach,

weiß, was es heißt: Wir kehren heim!

 

Und da er nun dem Tag entgegengeht,

aus dessen kommen die Erfüllung weht,

fühlt er im Blut des neuen Lebens Keim

und wühlt sein Antlitz in die Heimaterde,

und mit unsagbar seliger Gebärde

spricht er zu ihr: Wir kehren heim...

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 369f.

 

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Wir Erben

Bruno Brendel (1939)

 

Wir tragen im Geiste das Testament,

im Herzen das Bild unsrer Ahnen.

Wir gehen die steinigen Wege zu Ende,

den Kommenden Straßen zu bahnen.

 

Wir schlagen die Brücke in diese Zeit.

Was unsere Väter begannen

in harter Zucht der Vergangenheit,

ist mit uns im Wehen der Fahnen.

 

Wir halten mit unserer letzten Kraft

die Heimat in schwieligen Händen,

für unseres Blutes Bruderschaft

das Blatt des Schicksals zu wenden.

 

Zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 266

 

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Trösterin Heimat
Rudolf Witzany

 

Dort, wo die alten Bäume schweigend träumen,
den Stürmen ragend trotzen, Jahr um Jahr,
Wo dunkle Wälder helle Matten säumen,
Ist noch die Heimat, wie sie früher war.

Mag manches Bild auch blassen und verwehen,
Zerstieben vor des Schicksals hartem Tritt -
Das Bild der blauen, friedvoll stillen Höhen
Geht auch im fremden Land getreulich mit.

Ich trage auch noch auf den fernsten Wegen
Das Bild der Heimat überall in mir.
Und unter leid umbrausten Schicksalsschlägen
Such immer, Heimat, ich den Weg zu dir.

 

Zit. nach der sudetendeutschen Zeitschrift Glaube und Heimat, 1969, S. 763 auf http://platon.cbvk.cz/kniha/data/w_witza.php (Zugriff 21.02.2006); hier wird mit zusätzlichen Hinweisen auf eine sentimental verzerrte Biographie eines der vulgärsten und militantesten NS-Poeten der Eindruck erweckt, als handle es sich um einen heimatliebenden südböhmischen Poeten, der dem Zauber der Stimmung im Jahre 1938 verfiel. Da der 1945 gefallener Soldat Witzany kein Vertriebener war, bietet die Intrumentalisierung seines Gedichts in der Vertriebenenpresse bis heute ein anschauliches Beispiel dafür, wie das Wort Heimat durch die Wanderungen dieses Begriffs in der Geschichte der sudetendeutschen Heimatkultur zu Mißverständnissen führt.

 

 

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Stimme der Ostmark

Gertrud Fussenegger (1939)

 

Wir sagten: Deutschland

und nannten das Reich,

das uns die Seelen versengte,

brünstig im Kreis der Verschwörer.

So nur, Vermummte,

durften wir nicht dienen,

Kinder des größeren Vaterland.

 

Du aber, Heimat,

warst unseren Herzen verloren,

dein Name, geschändet,

schmeckte bitte

den widerwilligen Lippen.

Vergeudet schien uns all deine Fülle

und jede Blüte

zu früher Welke verworfen.

Fruchtlos dünkt uns Dein Stamm...

[...]

Doch er, selbst in der Mitte

des Herzens heimlich erbebend,

schaute das holde Gefilde,

das seine Kindheit geboren,

nannte es: Heimat, Heimat.

Bekannte sich selbst ihm verschworen.

[...]

Wenn Kinder und Enkel einst singen,

singet nicht nur der Freiheit

stolzeren Namen,

singt nicht nur des wachsenden Reiches

hohe Gewalt und Würde,

singet, daß uns zur Mutter

wiedergegeben wurde,

ewig zu dauern

die Heimat!

 

Nach dem Völkischen Beobachter zit. aus Heimkehr ins Reich. Großdeutsche Dichtung aus Ostmark und Sudetenland 1866-1938, hg. v. Universitätsprofessor Dr. Heinz Kindermann, Leipzig 1939, S. 328-331

 

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Sudetenland!

Hans Albert (1939)

 

Aus Deinem schönem, ernstem Angesichte

Schwand nun des Fremden Hasses unheilvoller Schatten.

 

Befreite Arme breiten sich erlöst empor zum Lichte.

Großdeutschlands Sonne leuchtet über Berg und Wald und Matten.

Gott hat das tiefe Leid und schwere Not von uns genommen.

An deutscher Bruderliebe ward der Trug zuschanden.

Und Millionen froher Herzen jubeln auf: Willkommen!

Wir grüßen Euch in unsern ewig deutschen Heimatlanden!

 

Zit. aus Sudetenland, hg.v.  Landesverkehrsverband Sudetenland, Reichenberg 1939, S.1

 

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Heimat

Erwin Guido Kolbenheyer

 

Die Welle weiß, wohin sie geht,

Der Sturm, wohin sein Atem weht,

Die Saat fühlt ihren Bodenstand,

Der Wald, die Flur, das Wurzelland,

Und alles Tier hat Rast und Statt

Und wird noch seines Friedens satt,

 

Uns aber ist der Heimat Recht

Geschändet und geraubt.

Wir lebten alle recht und schlecht

Und haben treu geglaubt,

Geglaubt, daß Heimat heilig sei

Und frei vor Raub, vor Schändung frei.

 

Gott sei’s geklagt: die tiefste Not

War nicht der Krieg, war nicht der Brand.

Die Heimat war uns Wort im fremden Land,

Und fremdes Brot ist hart und schwer.

Weit ist es von der Heimat her.

 

Nur eines wird der bösen Lust

Zu Raub nicht und zu Mord:

Wir trugen tief in unsrer Brust

Die Heimat mit uns fort;

So bettelarm und vogelfrei

Wir sind, die Heimat steht uns bei.

 

Die Welle weiß, wohin sie geht,

Der Sturm, wohin sein Atem weht,

Die Saat fühlt ihren Bodenstand,

Der Wald, die Flur, das Wurzelland,

Und alles Tier hat Rast und Statt

Und wird noch seines Friedens satt.

 

Wir haben nur das Herzensgut,

In dem die alte Heimat ruht,

Aus ihm blüht Liebe uns und Rat,

Es hält uns hoch, ruft uns zur Tat.

 

Zit. aus Father Emmanuel J. Reichenberger: Europa in Trümmern. Das Ergebnis des Kreuzzuges der Alliierten, Graz-Göttingen 1952, S. 348

 

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Mutter der Vertriebenen

Olga Brauner

 

Mutter, wir haben die Heimat verloren

das Haus, wo unsere Ahnen geboren,

das Feld, das redlich uns ernährt,

den Wald, dem unser Herz gehört,

den Bach, der unser Nachbar war,

das Schwalbennest vom letzten Jahr,

den First, auf dem Amsel sang,

das Glöcklein, das vom Kirchtum klang.

[...]

Daß uns aus Steinen Brot geworden

und das der Fremde dunkle Pforten

sich aufgetan zu schmaler Rast,

um abzutun die harte Last! −

Dein Herz, o Mutter, ganz allein

kann Heimat in der Fremde sein!

Es birgt in alle Ewigkeit

die Heimat über Raum und Zeit!

 

Zit. aus Kulturbrief der SL: Mitteilungsblatt der Sudetendeutschen Landsmannschaft Folge 4/2000, S. 140